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Foto Mutter mit Baby

Gebären in der Krise: Guter Hoffnung trotz Corona?

Auswirkungen der Schließung von Kreißsälen jetzt spürbar

Schwangere müssen für die Geburt ihres Kindes weite Wege zurücklegen. Geburten sollen in großen Kliniken stattfinden, denn dort arbeitet das Personal aufgrund hoher Geburtenzahlen routiniert und bietet die maximale medizinischen Versorgungsstufe für Mutter und Kind. Deshalb schließen landauf und landab kleine Kreißsäle. Zum Wohle von Mutter und Kind heißt es. Wirklich? Zum Wohle von Mutter und Kind?

Geburtshilfe ist nicht lukrativ

Die Zentralisierung in der Geburtshilfe wird seit Jahren vorangetrieben. Über die wahren Gründe der Schließung kleinerer Kreißsäle wird selten öffentlich gesprochen. Gängige Begründungen: fehlende Routine, sinkenden Geburtenzahlen, hohe Haftpflichtprämien, Hebammenmangel und vieles mehr. In Wahrheit ist eine geburtshilfliche Abteilung für einen Klinikbetreiber wirtschaftlich gesehen ein Desaster: hohe Personalkosten, unzureichende Vergütung. Entspricht die Zentralisierung in der Geburtshilfe also wirklich den Bedürfnissen der Betroffenen? Oder ist es vielmehr ein Missstand im Gesundheitswesen?

Wo warten während des Lockdowns?

Die Corona-Pandemie legt die Defizite der Zentralisierung offen. Während sich der Rest der Bevölkerung in der Corona-Pandemie an Kontakt- und Reisebeschränkungen halten muss, fahren werdende Eltern für die Geburt ihres Kindes in weit entfernte Kliniken und in Gebiete mit hoher Inzidenz. Eine Sorge der Schwangeren ist auch, dass der Partner bei der Geburt nicht dabei sein kann, weil wegen des Infektionsschutzes zunächst nur die Schwangere im Kreißsaal aufgenommen wird. Der Partner muss warten, bis die Geburt absehbar ist. Doch wohin im Lockdown, um die Wartezeit zu überbrücken? Cafés, Restaurants, Kneipen … alles geschlossen. Also nach Hause fahren und warten? Das ist mitunter 80 bis 100 Kilometer entfernt.

Inselkreißsäle temporär öffnen!

In Schleswig- Holstein ist die Not der Eltern zurzeit besonders groß. Auf den Inseln Föhr und Sylt schlossen die Kreißsäle vor einigen Jahren, seither sollen Schwangere vor der Geburt in sogenannte Boarding-Häuser ziehen und dort auf den Wehen- und Geburtsbeginn warten. Aber was, wenn das Boarding-Haus belegt ist?
 
In Zeiten von pandemiebedingten Einschränkungen und bei hohen Inzidenzzahlen, lassen sich weite Wege kaum mit dem Infektionsschutz vereinbaren. Der Husumer Kreißsaal stand den werdenden Eltern im Februar vorübergehend nur für „notfällige Entbindungen“ offen, sie sollen auf Heide und Flensburg ausweichen.
 
Das Personal in den geburtshilflichen Abteilungen in Flensburg und Heide arbeitete schon vor der Pandemie im Limit: Überstunden, Personalmangel, hohe Arbeitsbelastung. Da gibt es keine Kapazitäten, die Geburten aus Husum zusätzlich zu betreuen. Da liegt es auf der Hand über eine temporäre Wieder-Inbetriebnahme der Kreißsäle auf den Inseln nachzudenken. Die Strukturen, Frauen mit physiologischer Schwangerschaft zur Geburt zu betreuen, sind noch immer vorhanden. Politisch ist das leider nicht gewollt. Aber: Was wollen die Eltern? Was brauchen sie?
 
Die Massenquarantäne in Nordfriesland offenbarte die Schwachstellen der Zentralisierung der Geburtshilfe. Die Verantwortlichen sollten die bestehenden Versorgungsstrukturen in der Geburtshilfe generell überdenken. Eltern brauchen Sicherheit. Vor Ort.

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